Wer als Zeuge vor parlamentarischen Untersuchungsausschüssen lügt, macht sich strafbar. Das ist richtig und wichtig, denn bei diesen Untersuchungsausschüssen geht es darum, brisante Vorgänge aufzuklären, um daraus für die Zukunft zu lernen und verlorenes Vertrauen wieder herzustellen. Untersuchungsausschüsse gelten nicht umsonst als „schärfstes Schwert des Parlaments.“
Leider erleben wir es immer wieder, dass Zeugen fragwürdige Erinnerungslücken vorschützen oder gar offensichtliche Unwahrheiten verbreiten. So war es leider auch bei der Befragung von Andreas Scheuer im Rahmen der Aufarbeitung des Maut-Debakels. Dass die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben hat und damit auch ehemalige, aktuelle und zukünftige Bundesminister*innen an ihre Pflichten im Rahmen von Untersuchungsausschüssen erinnert, ist ein guter Schritt. Der offensichtliche Widerspruch zwischen der Aussage des ehemaligen Verkehrsministers und der Aussage der Maut-Betreiberfirmen machte dies unausweichlich. Es geht dabei nicht, wie von Andreas Scheuer öffentlich kolportiert, um nur einen einzigen Satz. Es geht um eine zentrale Frage bei der Aufklärung des Maut-Desasters, nämlich ob es möglich war, die Verschwendung von 243 Millionen Euro zu vermeiden.
Nun als ehemaliger Minister und Spitzenpolitiker zu behaupten, dass das Verfahren politisch motiviert sei, ist ein unerhörter Angriff auf unseren Rechtsstaat. (Nur nebenbei bemerkt: Die oberste Chefin der Staatsanwaltschaft Berlin ist letztlich die dortige CDU-Justizsenatorin). Dass die CSU Scheuer sowohl während seiner gesamten Amtszeit als auch während der gesamten Untersuchung gestützt hat, war eine schwerwiegende politische Fehleinschätzung. Dass nun aber auch ihr Landesgruppenchef Alexander Hoffmann die Anklage durch die Staatsanwaltschaft öffentlich kritisiert, ist ein Maß an Rechtsstaatsverachtung, das schockierend ist.
Es reiht sich aber leider nahtlos in das aktuelle Verhalten verschiedenster CSU-Politiker ein. Die Ignoranz gegenüber Gerichtsurteilen z.B. zu Grenzkontrollen und nun Angriffe auf die Unparteilichkeit und Zuverlässigkeit unseres Rechtsstaates, das alles wird langsam zu einem Stresstest für unseren Rechtsstaat.
Wir werden uns dem weiterhin mit voller Kraft entgegenstellen und den Rechtsstaat verteidigen. Auch hochrangige Politiker müssen sich ihrer Verantwortung gegenüber der Strafjustiz stellen, wenn es hinreichende Verdachtsmomente für strafrechtliche Verstöße gibt.
Ich habe großes Vertrauen darin, dass die Strafjustiz den Fall Scheuer fair aufarbeiten wird. Die CSU muss sich derweil dringend hinterfragen, wie es um ihr Rechtsstaatsverständnis und das ihrer Vertreter bestellt ist.