Haftbesuch verweigert – Unterstützung für Maja T.

Vom 18.-19. November reiste ich, in meiner Funktion als rechtspolitischer Sprecher, nach Budapest, um die Inhaftierte non-binäre Maja T. zu besuchen. Ich wollte mich davon überzeugen, dass tatsächlich die europäischen Mindeststandards für Haftbedingungen eingehalten werden. Maja wurde am 28.06.2024 von Deutschland nach Ungar ausgeliefert und sitzt seitdem dort in Isolation in Untersuchungshaft. Maja wird vorgeworfen sich um Februar 2023 an Angriffen auf Rechtsextreme beteiligt zu haben. Da es derzeit keine rechtliche Handhabe gibt, Maja nach Deutschland zurückzuholen, bleibt nur politischer und diplomatischer Druck.

Mir wurde der Haftbesuch am Vortag des geplanten Besuchs in Budapest verweigert. Majas Anwalt und ich waren darüber sehr verwundert. Ich finde diese Zustände schockierend, da die Anträge auf Besuchserlaubnis im Vorfeld fristgerecht eingereicht wurden. Zusätzlich hat die deutsche Botschaft meinen Besuchswunsch auf diplomatischem Wege flankiert. In dem Schreiben der ungarischen Staatsanwaltschaft heißt es lediglich, dass ich mich auch in der deutschen Botschaft über die Haftbedingungen von Maja erkundigen kann, was allerdings bei früheren und künftigen Besuchen von linken Abgeordneten auch der Fall gewesen wäre. (MEP Carola Racketes Besuch eine Woche später wurde erstaunlicherweise genehmigt.) Der Anwalt von Maja hat gegen die Entscheidung eine Beschwerde eingelegt.

Dieser Vorfall bestätigt einmal mehr, dass man sich nicht auf die Zusicherungen Ungarns verlassen kann, dass die Menschenrechtsstandards und Mindestgrundsätze für die menschenwürdige Behandlung von inhaftierten Personen eingehalten werden. Ich fordere die sofortige Unterbringung von Maja in Hausarrest, dass Maja zurück nach Deutschland geholt wird und dass keine weiteren Auslieferungen nach Ungarn stattfinden!


Vor Ort habe ich mich mit Frau Botschafterin Gross (siehe Foto), mit Majas Anwalt und mit den NGOs Háttér Society (https://en.hatter.hu/) und Budapest Pride (Organisatoren der Pride in Budapest https://budapestpride.hu/en/ ) ausgetauscht.

Die Háttér Society setzte sich für die Stärkung von Rechten und den Kampf gegen Diskriminierung von LGBTQIA+ Personen ein. Sie haben berichtet, wie schwierig die Lage für LGBTQIA+ Personen in Ungarn ist, vor allem seit 2019, geworden ist. Politisch wird von Orban und Fidesz eine konservativ-nationalistische Ideologie und ein traditionelles Familienbild propagiert. Deshalb werden die LGBTQIA+ Rechte als Bedrohung für traditionelle Familienwerte angesehen. In der Verfassung wird ein Ehe- und Familienbild, was aus Frau und Mann besteht, normativ verankert.

Mittlerweile verbieten Gesetze unter Anderem:

  • „Propaganda“ von Homosexualität in der Öffentlichkeit und in Medien
  • Geschlechtsumwandlungen von Minderjährigen
  • das Selbstbestimmungsrecht (man darf sein Geschlecht ab 18 Jahren nicht mehr ändern, es gilt das Geschlecht bei der Geburt)

Außerdem wurde das Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare eingeschränkt, sodass nur eine Person in der Partnerschaft adoptieren kann. Gegen diese Diskriminierungen sind viele Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte anhängig, die Háttér Society unterstützt.

Háttér Society

  • Die Háttér Society, gegründet 1995, ist die größte LGBTQIA+ Organisation in Ungarn. Sie engagiert sich in verschiedenen Bereichen zur Unterstützung von LGBTQIA+ Personen und zur Förderung ihrer Rechte.
  • Ihre Hauptaktivitäten umfassen:
    • Unterstützungsdienste: Bereitstellung von psychologischer Beratung, rechtlicher Unterstützung und gesundheitsbezogenen Diensten.
    • Forschung und Dokumentation: Durchführung von Studien und Berichterstattung über die Lebensbedingungen und Herausforderungen der LGBTQIA+ Community in Ungarn.
    • Rechtsbeistand und Interessenvertretung: Einflussnahme auf Gesetze und Politik, um mehr Inklusion zu erreichen, einschließlich der Anfechtung diskriminierender Gesetze.
    • Bildung und Sensibilisierung: Durchführung von Schulungen für Fachkräfte, z. B. Lehrer, Gesundheitsdienstleister und die Polizei, um das Bewusstsein für LGBTQIA+ Themen zu stärken.
    • Gemeinschaftsaufbau: Förderung der Selbstorganisation von LGBTQIA+ Gruppen und Stärkung der Gemeinschaft.
    • Öffentlichkeitsarbeit: Erstellung von Filmen und Ressourcen, um LGBTQIA+ Personen und ihre Familien zu unterstützen.

Vorgeschichte zu Maja T.

  • Maja T. (non-binäre Person) wurde am 28.06.24 nach Ungarn ausgeliefert und sitzt seitdem dort in Isolation in Untersuchungshaft. Zurzeit im Gefängnis in Budapest.
  • Majas Auslieferung erfolgte trotz einer einstweiligen Anordnung des Bundesverfassungsgerichts. Maja habe vor der Überstellung keine realistische Möglichkeit gehabt, die Zulässigkeitsentscheidung des KG Berlin zu rügen oder verfassungsgerichtliche Rechtsschutzmöglichkeiten zu prüfen.
  • Trotz der Zusicherung ungarischer Behörden, im Fall von Maja die europäischen Mindeststandards für Haftbedingungen einzuhalten, war dies nach Berichten des Vaters von Maja und allgemein nach Berichten zahlreicher NGOs und unabhängiger Medien in Ungarn sehr zweifelhaft.
  • Laut Berichten des Vaters von Maja, verstoßen die Haftbedingungen seit dem 1. Tag gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, die europäischen Strafvollzugsregeln und die UNO-Empfehlung über die Mindestgrundsätze für die menschenwürdige Behandlung von inhaftierten Personen.

Aus den Briefen von Maja an ihre Familie geht hervor:

  • Maja sitzt in unbegründeter und unbefristeter Isolationshaft von weitestgehend 24 Std./Tag.
  • Maja muss tägliche unbegründete Prozeduren wie vollständiges Entkleiden, Durchsuchen, Tragen von Handschellen, Durchsuchen der Gefängniszelle, unzureichende Hygienestandards ertragen.
  • Maja darf an keinerlei Aktivitäten teilnehmen. Hofgang wurde wiederholt verweigert (Argument „Schutz“).
  • Besuch von Angehörigen wird behindert. Im Monat sind nur 2 Haftbesuche erlaubt.
  • Medizinische Versorgung ist unzureichend. Aufgrund von Bettwanzen wurde mehrfach Majas Gefängniszelle mit Insektizid besprüht.
  • Essen ist unzureichend (Maja ernährt sich vegetarisch und es gibt fast nur Fleisch und Weißbrot jeden Tag).
  • Gefängnispersonal lässt Maja weitestgehend in Ruhe, ist aber sehr grob und spricht kein Englisch. Jedes Mal, wenn Majas Zelle durchsucht wird (fast jeden Tag), schmeißen die Wärter alle Sachen auf den Boden, die Maja aufsammeln und aufräumen muss.
  • Maja darf nur paar Bücher bei sich haben, die Übrigen wurden abgenommen und Maja muss einen Antrag auf Buchwechsel stellen, um diese zu tauschen.