Meine Rede zur Änderung des (Ehenamens- und Geburts)namensrechts

„Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich wollte eigentlich nicht darauf eingehen, aber so kann das nicht stehen bleiben. Herr Seitz, gesellschaftszersetzend sind Sie

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, im Bereich des Familienrechts, bei der Gleichstellung homosexueller, trans- und intergeschlechtlicher Menschen hat die unionsgeführte Bundesregierung unter Angela Merkel immer wieder vom Bundesverfassungsgericht Verfassungsbrüche bescheinigt bekommen; das ist bekannt.

Weniger bekannt ist, dass Deutschland – die Kollegin Eichwede hat es bereits gesagt – auch für sein restriktives, verstaubtes Namensrecht immer wieder gerichtlich verurteilt wurde, und zwar vom Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Es muss doch endlich Schluss damit sein, dass gesellschaftliche Modernisierung in diesem Land immer nur auf gerichtlichen Druck hin erfolgt. Diese Ampelkoalition wird das Recht, auch das Namensrecht, den gesellschaftlichen Realitäten anpassen. Wir liberalisieren unser Land, und dazu gehört auch, dass wir den Menschen mehr Freiheiten über ihre Namen geben.

Frau Kollegin Hierl, ich habe mich im Grundsatz sehr über Ihre differenzierte Rede gefreut. In der Tat haben Sie in der Frage des Anknüpfungspunktes für Benennungen nach Scheidung, finde ich, einen richtigen Punkt angesprochen: ob da nicht der gegenwärtige Nachname eines Elternteils der Anknüpfungspunkt sein sollte und nicht der Geburtsname.

Nur, wenn Sie hier kritisieren, dass der Justizminister, die Ampelkoalition keinen großen Wurf vorlegt, dann fällt dieser Vorwurf natürlich ganz besonders auf die Unionsfraktion zurück, die 16 Jahre lang Gelegenheit hatte, das Namensrecht endlich, endlich den Bedürfnissen der Menschen anzupassen.

Nichts haben Sie getan in dem Bereich. Wir fangen jetzt endlich an. Aber wir freuen uns natürlich über Verbesserungsvorschläge im weiteren Verfahren – wenn sie denn konstruktiv kommen.

Meine Damen und Herren, in der Tat – es ist gesagt worden -, viele Menschen sehnen diese Reform herbei, zum Beispiel – das ist ein Fall, der an mich herangetragen wurde – das deutsch-britische Paar, das schon in Berlin lebte, als das Vereinigte Königreich noch zur Europäischen Union gehörte, und ein Kind bekam. Als EU-Bürger durften sie das britische Namensrecht anwenden; das Kind hat einen gemeinsamen Doppelnamen bekommen. Dann ist das Vereinigte Königreich aus der Europäischen Union ausgetreten. Das Paar hat ein zweites Kind bekommen. Dasselbe Standesamt sagt: Jetzt gilt kein Unionsrecht mehr, das zweite Kind muss anders heißen als der Bruder. – Zwei Geschwister, zwei Nachnamen, obwohl das keiner in der Familie so gewollt hat, das ist absurd, und es ist gut, dass wir damit Schluss machen.

Meine Damen und Herren, in unserer Gesellschaft gehören doch verschiedenste bunte, vielfältige Konstellationen längst zum Alltag. Das gegenwärtige Namensrecht wird dem eben nicht gerecht. Es ist gesagt worden: Eltern lassen sich scheiden, sie heiraten neu, sie bekommen neue Nachnamen. Dabei bleibt der Kindsname oftmals auf der Strecke. Es gibt Konstellationen, bei denen Kinder die Einzigen sind, die einen bestimmten Nachnamen innerhalb der Familienkonstellation tragen. Es ist richtig, dass auch das beendet wird.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es ist vereinzelt angesprochen worden: Natürlich wäre es denkbar gewesen, das Namensrecht sozusagen grundlegend umzugestalten – und zwar das öffentliche Namensrecht gleich mit – oder vielleicht eher Grundsätze im Namensrecht zu normieren und dann die Fälle, für welche diese nicht gelten sollen, einzeln zu regeln. Darüber kann und muss man immer diskutieren.

Aber klar ist auf jeden Fall, dass Ihr Ministerium, Herr Buschmann, mit diesem Entwurf ganze Arbeit geleistet hat. Die Auswirkungen dieses Entwurfs sind vielleicht vielfältiger, größer und bedeutsamer, als man das jetzt in diesen Paragrafenketten wahrnehmen kann.

Wichtig finde ich, dass von diesen Regelungen auch sogenannte Altfälle profitieren, also Menschen, bei denen die Anknüpfung an die Namensänderung – die Heirat, die Scheidung, die Wiederheirat oder Ähnliches – schon länger zurückliegt. Auch für diese Menschen schafft das Gesetz die Möglichkeit, nunmehr sozusagen nachholend von der Namensregelung zu profitieren. Auch das begrüßen wir tatsächlich sehr.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt weitere Aspekte im Gesetzentwurf, die unser besonderes Augenmerk bei den Ausschussberatungen finden sollten. Da ist zum Beispiel die Frage, wo eigentlich der Anknüpfungspunkt dafür ist, wer unter dieses Namensrecht fällt. Gegenwärtig ist es die deutsche Staatsangehörigkeit. Natürlich soll das ein Anknüpfungspunkt sein. Aber wir meinen, dass daneben zum Beispiel auch der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland ein Anknüpfungskriterium sein sollte.

Ganz grundsätzlich: Wir sollten aus meiner Sicht dahin kommen, dass, wenn Erwachsene ihren Namen ändern, dann im Prinzip alle Kinder die Möglichkeit haben, diese Namensänderung mit zu vollziehen, unabhängig davon, ob sie minderjährig oder volljährig sind, weil man nur so die Möglichkeit hat, familiäre Verbundenheiten auch über wechselnde Situationen hinweg nachzugestalten. Auch da sollten wir noch mal überprüfen, ob der Gesetzentwurf all diesen potenziellen Konstellationen ausreichend gerecht wird.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe zur Kenntnis genommen, dass mein eher beiläufig geäußerter Vorschlag, das sogenannte Meshing, also das Vermischen von zwei Nachnamen, doch auch mal zu prüfen,

was in anderen Ländern übrigens sehr üblich ist, teilweise für Erheiterung, teilweise für ganz empörte, wütende Reaktionen, teilweise aber auch für viel Zustimmung gesorgt hat. Also, ich habe Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern bekommen, die gesagt haben: Danke für den tollen Vorschlag. Wann wird der denn jetzt endlich Gesetz? Wir warten schon lange darauf.

Er hat es jetzt nicht in den Gesetzentwurf geschafft; das respektieren wir natürlich. Man muss ja auch noch Vorhaben und Wünsche für die Zukunft haben. Aber ich prognostiziere, Herr Minister Buschmann – ich meine, Sie sind ja noch jung; ich fühle mich auch noch ganz rüstig -, dass wir eines Tages hier gemeinsam stehen werden und dass auch diese Idee irgendwann Eingang ins Bundesgesetzblatt finden wird.

Ich freue mich auf die Ausschussberatungen zu diesem Gesetzentwurf.

Vielen Dank dafür.“

Die Rede könnt ihr in voller Länge anhören unter: https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7603794#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk=&mod=mod536668.

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